5. Stop: Nizza

Ich liebe die Toskana. Die Weinberge vermitteln Heimatsgefühle, die Ortschaften sind voller Geschichte, Kunst und Kultur, und die Sonnenuntergänge jedes Mal ein leuchtendes Spektakel. Hier habe ich Rotwein und Oliven lieben gelernt, und schon literweise Espresso getrunken. Und trotzdem hat die Provence es geschafft, mit der Toskana mitzuhalten. Und ja, für die Reise mit dem Wohnmobil gefällt uns die Provence sogar besser (sorry, geliebte Toskana). Gleich nach dem Grenzübergang fällt uns auf, dass die Straßen viel besser sind als in Italien. Wir dürfen mit dem Anhänger in Frankreich zwar um einiges schneller fahren, aber auch wenn wir nur 90 km/h auf der Autobahn fahren, werden wir nicht angehupt und von LKWs überholt. Im Gegenteil: Wir müssen sogar ab und zu überholen! Das sind wir gar nicht mehr gewohnt. Auch abseits der Autobahn sind die Straßen gepflegt, gut beschildert, und die meisten Fahrer halten sich daran. Gut gefallen uns auch die Häuserfassaden, wir sehen neben den Straßen weniger Müll und alles in allem wirkt die Provence soweit einfach sehr sauber. Trotzdem liefert sie mit vielen Oliven- und Pinienbäumen sowie bunten Fensterläden die richtige Portion Romantik.

Es geht steil nach oben, denn unser Stellplatz liegt auf einem Berg. Jetzt werden Auto und Anhänger getestet. Über enge und steile Bergstraßen führe ich uns sicher nach oben, auch wenn bei einem Anstieg einmal die Reifen kurz durchdrehen. Vor unserer Unterkunft empfängt uns Edwige, die uns bei der engen Einfahrt einweist. Und da passiert es: Unser erster Kratzer am Wohnwagen. Ich hatte keine Chance, die hintere Ecke beim Wenden einzusehen. Und scheinbar hat unsere neue Gastgeberin die Rotation falsch eingeschätzt, als eben jene Ecke am Betonsockel vom Nachbarszaun schrammt. So toll habe ich uns auf den Berg gebracht – und dennoch stehen wir jetzt mit einer ersten Schramme am Stellplatz.

Edwige und ihr Mann betreiben eine Microfarm. Auf unserem Stellplatz wuseln Hühner – und leider auch ein Hahn – frei herum, hinter einem Maschendrahtzaun daneben leben 2 Wach-Gänse, die jeden Eindringling erstmal verschnattern, Enten, und die Hühner, die aber als einzige über den Zaun flattern können. Dabei nehmen sie auch gern den angrenzenden Olivenbaum als Hilfe.

Lars liebt die Vögel! Die ersten Tage kichert er immer, wenn die Gänse schnattern. Später ist er von den Enten mehr angetan, die in einem kleinen Becken innerhalb des Zaunes planschen. Außerdem gibt es auch noch 6 afrikanische Schafe, die während unserem 1-wöchigen Aufenthalt mehrmals aus ihrem Gehege ausbüchsen und dann mit den Hühnern um unseren Wohnwagen ziehen.

In der Nähe von der Microfarm gibt es ein süßes kleines Dorf mit einer wahnsinnig guten Bäckerei, aus der wir uns ab und an ein Baguette mit Mohn- und Sesamsamen holen. Und 10 Fahrminuten entfernt ist ein großer, verzweigter See, den wir noch schnell besuchen, bevor das Unwetter kommt. In derselben Nacht bekommen René und ich Warnungen auf unser Handy, die uns auf das heftige Gewitter aufmerksam machen. Nachdem wir sowieso am Berg sind, machen wir uns wegen den Überschwemmungsgefahren keine Sorgen, und überstehen auch dieses Unwetter gut.

Erinnerst du dich noch an Sarra und Gioia von unserem ersten Stop in Italien? Wir haben uns so gut verstanden, und tatsächlich hat Sarra auch in Nizza eine Wohnung, in der sie sich zur selben Zeit aufhält, in der wir dort sind.

Wir besuchen sie und die kleine Gioia, und verbringen 2 Tage später einen Nachmittag an der Promenade mit ihnen.

An unserem letzten Tage erkunden wir die Stadt nochmal auf eigene Faust. Wir parken direkt in der Altstadt in einer Parkgarage unter Cours Saleya, einer Straße, auf der vormittags Marktstände und nachmittags Sitzmöglichkeiten der umliegenden Restaurants aufgestellt sind. Wir decken uns mit Oliven, Olivenpaste, frischem Brot und aromatischen, eingelegten Tomaten ein. Damit setzen wir uns dann an den Strand. Die Promenade und das glitzernde Meer sehen so unwirklich schön aus, ganz so, als wäre man in einem Videospiel.

Nach einer guten Zitronenlimonade und meinem ersten französischen Espresso wagen wir den Aufstieg zum Parc de la Colline du Château. Zuvor sehen wir noch spontan bei einer Gallerie vorbei und sind fasziniert von den Gemälden und Skulpturen.

Für uns war der Aufstieg Recht entspannt, denn statt den vielen Stiegen haben wir mit dem Kinderwagen den kostenlosen Aufzug nach oben genommen. Das Highlight an dem gut gepflegtem Park mit einem großflächigen Kinderspielplatz ist der Ausblick aufs Meer und die Stadt. Und natürlich der künstliche Wasserfall, der ca. 1850 hier erbaut wurde, und Lars erster Wasserfall ist.

Erst nach dem Rundgang im Park entdecken wir, dass man auch neben der Straße gehen kann, sodass unser Abstieg etwas sportlicher ausfällt als der Aufstieg.

Nach dem vollen Tag sind wir alle erschöpft, als wir den Rückweg durch die Stadt antreten. Zeit für ein Eis – unser erster seit Reisebeginn! – bleibt aber dennoch.

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