3. Stop: Dozza

Wir sind so gespannt auf diesen Stop. Unser Standplatz ist auf einem Weingut nur wenige Minuten von Dozza, einem traditionell italienischem Dorf, entfernt. Dozza soll einer der schönsten Orte in ganz Italien sein, nicht zuletzt wegen Murales di Dozza – das sind Wandmalereien von nationalen und internationalen Künstler*innen, die direkt auf die Häuserwände des Dorfes gemalt wurden.

Doch bevor wir das besagte Dorf besuchen, richten wir uns erst ein. Marco, der Inhaber des Weingutes, richtet uns einen Sonnenschutz her, um uns vor der spätsommerlichen Hitze zu schützen. Wir lesen an der Außentemperaturanzeige unseres Wohnwagens bis zu 42 °C Grad ab! Der Ausblick über die Weinberge ist herrlich, und unter dem Sonnenschutz können wir ihn bei den meisten Mahlzeiten genießen. Besonders beeindruckend ist der Sonnenuntergang, der sich in kräftigem Gelb und Orange über den Weinbergen erstreckt und den türkisfarbenen Himmel mit rosa Farbakzenten schmückt, bevor er hinter den Hügeln direkt vor uns unter geht. Es ist ein buntes Spektakel aus leuchtenden Farben!

Tagsüber versuchen wir der Hitze zu entkommen, die uns ziemlich ausknockt. Am ersten Tag haben wir völlig unterschätzt, wie ausgeliefert wir der Sonne auf der freien Fläche sind. Wir wundern uns noch, wieso wir uns so antriebslos und müde fühlen – mit einem Blick auf die Temperaturanzeige ist es dann klar, denn auch im Inneren des Wohnwagens haben wir 32 °C Grad, während für draußen 36 °C Grad angezeigt werden. Trotzdem raffen wir uns auf und wagen einen Ausflug ins nahe gelegene Dozza.

Das kleine Dorf ist an diesem Samstag gut besucht. Trotzdem finden wir uns immer wieder auch alleine in Seitengassen wieder, in denen wir die Malereien an den Wänden, den Unterseiten von Durchgängen und Torbögen bestaunen. Mein Lieblingskunstwerk ist rund um eine Haustür angebracht und erstreckt sich in blass- bis altrosa großzügig vom Boden bis zur Mitte der Fensterläden über der Tür. René ist von dem Mosaik begeistert, das in einem weißen Farbkreis auf einer gelben Wand aus verschiedenen Objekten platziert wurde. Ich erkenne Sand und Muscheln, die in Glas eingeschlossen wurden, Scheiben aus Edelsteinen und Fossilen sowie kleine Glasperlen. Uns beiden gefällt auch das Kunstwerk am Torbogen, das in denselben Farben erstrahlt wie der Himmel dahinter, und die Illusion einer schwebenden Uhr auf einer freien Fläche vermittelt. Ich konnte mich jedenfalls nicht entscheiden, welche Kunstwerke ich hier übermitteln soll, und habe daher eine größere Auswahl angehängt.

Aber auch das Dorf selbst ist wunderschön. Es ist schon fast skurill, Menschen beim Betreten ihres Zuhauses zu beobachten, denn der Ort fühlt sich mehr nach einem Freiluftmuseum aus und voller Kunstwerken an als nach einem bewohnten Dorf mit Shops, Restaurants und Wohnungen.

Lange bleiben können wir nicht, denn auch Lars setzt die Hitze zu, und so brechen wir nach einem kurzen, aber eindrucksvollen Rundgang im Dorf wieder auf.

Unser Programm am nächsten Tag steht im starken Kontrast zu den kulturellen Eindrücken, denn es geht zum Ikea. Wir haben uns bei der Planung unserer Reise schon darauf geeinigt, mehr „glampen“ als campen zu wollen – und da sind „echte“ Matratzen nunmal unabdingbar. Wir sind mit unseren faltbaren, leichten Matratzen während den Probeausfahrten gut ausgekommen, das hat sich nach vermehrtem Liegen jedoch geändert. Jeder mit Kleinkind/Baby wird mir zustimmen, wenn ich sage: Der Schlaf, den man bekommen kann, MUSS erholsam sein. Daher bleibt uns gar keine andere Wahl, als neue Matratzen zu besorgen, um in den nächsten Monaten nicht darauf verzichten zu müssen. Wir sind schon vorab in der Online-Recherche bei Ikea fündig geworden, tun uns trotzdem einen Rundgang an, um ganz sicher zu gehen. Obwohl wir mit diesem „Indoor-Abenteuer“ der Hitze draußen entkommen, sind wir alle danach fix und foxy.

Unser letzter Ausflug in den Tagen führt uns in nach Bologna, das ca. 40 Min. Fahrzeit entfernt ist. Wir gehen es bewusst ruhig an, und nehmen uns für diese berühmte Stadt nur ganz wenig vor. Wir gehen in ein Restaurant – Tortellini, Lasagne und Torta de la Nonna essen -, schauen durch das Finestrella di Via Piella am Canale di Reno – einem in einer Brücke versteckten Fensterchen mit Blick auf einem der verbliebenen Kanäle Bolognas – und sehen uns den Neptun-Brunnen – Fontana del Nettuno – sowie die Basilica di San Petronio an. Vor dem Heimweg gibt es noch ein Pizzastück.

Die Kleinen – damit sind Lars und Jessy gemeint – tun sich an diesem Tag richtig gut, was vermutlich aus einer Kombi an der kühleren Temperatur, genügend Schlaf und Nickerchen sowie unserem bewusst entspannt gewähltem Programm liegt. Wenn Lars nicht in seinem Kinderwagen schläft, schaut er sich neugierig um und grinst Touristen und Einheimische gleichermaßen breit an. Erst am Rückweg zum Auto merkt man ihm die Erschöpfung an, und er möchte am liebsten gar nicht mehr von meinem Arm herunter, während er natürlich trotzdem weitere Eindrücke sammeln und sich umsehen will. Damit wird der Kinderwagen kurzerhand anders genutzt, und unsere Prinzessin nimmt – aus Hygienegründen gemeinsam mit ihrer Tasche – kurzerhand in ihrer „Sänfte“ Platz. Sichtlich genießt sie es, durch die Stadt chauffiert zu werden. Wir begegnen fast mehr lächelnden Gesichtern mit unserem Hund im Kinderwagen als mit unserem Baby – aber das ist natürlich kein Wettbewerb, wir wissen ja selbst, dass beide zuckersüß sind.

Sowohl kulinarisch als auch kulturell ist Bologna eine beeindruckende Stadt. Toll finden wir, dass die Gehwege oft stückweise beschattet unter hohen Bögen sind, die Teil der umliegenden Gebäude sind. Auch die typischen Sehenswürdigkeiten sind sehr beeindruckend, wobei mir die Basilica di San Petronio, die bewusst unfertig gelassen wird, am besten gefällt. Die Struktur sowohl mit als auch ohne der Marmorverkleidung zu sehen ist spannend und gleichermaßen schön.

Der Reisebericht aus Italien wäre nicht komplett, wenn ich die Erlebnisse als Auto- bzw. Beifahrerin auslassen würde. Pauschal lässt sich sagen: Geschwindigkeitsbegrenzungen empfinden die Fahrer*innen mit italienischen Kennzeichen wohl eher als Vorschlag und keinesfalls als Vorgabe. Wir sind auf unseren Strecken eigentlich ausschließlich das einzige Fahrzeug, das sich an das Tempolimit hält. Auch Bodenmarkierungen und sonstige Straßenschilder werden hier nicht immer ernst genommen. Wir wurden – sowohl beim Fahren mit als auch ohne Anhänger – schon bei jeder Gegebenheit überholt: Auf einem Zebrastreifen, einer Kreuzung, im Kreisverkehr, bei einer Ausfahrt, am Beschleunigungsstreifen. Meist wird man dabei vom überholenden Fahrzeug hupend gegrüßt, wobei die Frage aufkommt, ob das Hupen wichtiger als die Sicherheit ist, denn nicht mehr als einmal haben wir uns schon mit dem Gedanken wiedergefunden, gleich zumindest Zeuge, wenn nicht Teilhaber, an einem Unfall zu werden. Das wohl gefährlichste Szenario war, als wir bei einer uneinsehbaren Kreuzung ohne Anhänger von Rechts von einem LKW überholt wurden. Kurz gesagt: als Autofahrer*in auf den italienischen Straßen braucht es ein starkes Nervenkostüm, und es kann nicht schaden, genügend Bremsweg einzukalkulieren, falls man von links, rechts, oder beiden Seiten gleichzeitig geschnitten wird, auch wenn man sich im Tempolimit bewegt und das überholende Fahrzeug weit über die eigenen vorgegebenen Geschwindigkeitsbegrenzungen handelt (zur Erinnerung, mit Anhänger dürfen wir nur 80 km/h auf den Autobahnen fahren – die meisten LKWs aber auch, bzw. weniger. Trotzdem überholen gerade diese uns in nervenkitzelnd aufregenden Szenarien).

Nach all diesen Eindrücken ist es schließlich Zeit, wieder aufzubrechen. Es geht weiter in Richtung Westen. Zum Abschied bezahle ich, mit Lars am Arm, unseren Aufenthalt bei Marcos Mutter, die sich ausschließlich auf italienisch unterhalten möchte und als „Nonna“ vorstellt. Sie ist so begeistert von unserem Baby, dass sie uns ein Glas karamellisierte Feigen als Geschenk auf die Reise mitgibt.

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